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Wenn wir Bilanz ziehen, haben die EW’s im Kampf gegen die Klimaerwärmung in der Schweiz komplett versagt. Wir blicken auf eine Generation von Akteuren in der Strombranche und der Politik zurück, die laufend die Chancen zum progressiven Ausbau der Erneuerbaren, der Digitalisierung und der Dezentralisierung der Produktion für den Endkunden verpassten. Ja schlimmer – gekonnt wurden stetig neue Blockaden gegen die dringend notwendige Umsetzung der Energiewende aufgebaut. So konnten sie den Status quo künstlich, zu Lasten der Schweizer Bevölkerung, verlängern. Es bleibt nur noch die fristlose Kündigung. Denn wie sollen diese Akteure, die uns bewusst in diese Schieflage geritten haben, die Retter von morgen sein? Wir brauchen einen komplett neuen Ansatz!
16. November 2021
Der Anteil an zugebauten Erneuerbaren verharrt in der Schweiz gegenüber dem geforderten Zubau im Marginalbereich. Allein der Zubau von PV müsste, wie in der Presse vom CEO der Axpo kürzlich zu lesen war, 14-mal grösser sein. Das geben diese ohne jegliches Verantwortungsgefühl unumwunden zu.
Der Druck zum raschen Umbau der Energieversorgung erhöht sich durch drei Faktoren massiv. Erstens ist die Sektorenkopplung – der Umbau von Mobilität und Wärme/Kälte von fossil auf Strom – voll am Laufen. Zweitens sind durch die stetige Bevölkerungszunahme – jährlich kommt eine Stadt wie Biel (ca. 55’000) in der Schweiz dazu – immer mehr Endkunden zu versorgen. Drittens müssen alle Atomkraftwerke – die ältesten in Europa – endlich abschaltet und weggeschafft werden können. Das zeigt die Dimension der Versäumnisse der Verantwortlichen in den EWs und in der Politik.
Stromlücken? Nein – Gesetzeslücken klaffen und sind schnell zu schliessen!
Die kürzlich entfachte Diskussion über zu erwartende Stromlücken zeigt einmal mehr, wie fantasie- und hilflos sowohl die EW-Chefs wie auch die Politiker in diesen Fragen sind. Wie eine 14-fache Beschleunigung des Ausbaus von PV praktisch aussieht, bleibt nebulös. Altbekannte Forderungen wie Bewilligungsverfahren zu beschleunigen, die Atomkraft zu verlängern, Gaskraftwerke zu bauen und beim Bürger noch mehr Geld für einen zentralistischen, schleppenden Ausbau der Erneuerbaren einsammeln – das soll es richten?
Hier braucht es dringend einen vollständigen Befreiungsschlag, um aus diesen unseligen, zentralen und verkorksten Strukturen ausbrechen zu können.
Der rasche Umbau zur neuen Stromwelt, die dezentral, klimanegativ und digital ist, muss sukzessive von der Privatwirtschaft übernommen werden können. Unternehmer denken z.B. bei allfälligen Stromlücken an höhere Ertragsmöglichkeiten. Sie sind automatisch interessiert, dafür entsprechend zu investieren.
Der nächste Schritt muss daher eine rasche, dreiseitige Liberalisierung des Strommarkts für die Endkunden-Versorgung sein. Die eine Seite ist, dem Endkunden die freie Wahl beim Einkauf des Stroms zu geben. Zum Zweiten muss dem Produzenten, der ja oft zugleich der Endkunde ist, die volle Freiheit geben werden. Er soll seinen Strom lokal, wo produziert dort konsumiert, frei verkaufen können. Zuletzt muss auch die lokale Verteil-Infrastruktur mit dem Mess- und Abrechnungswesen notwendigerweise voll liberalisiert werden.
Solange Investitionen in die Energiewende lukrativ sind und aus der Region mit vielen kleineren und grösseren Akteuren erfolgen, haben wir auch keinen Ausverkauf des Schweizerstroms zu befürchten. Moderne, verteilte Strukturen für die Investitionen können z.B. über das immer beliebtere Crowdfunding umgesetzt werden.
Mit Blockchain-Technologien lassen sich einfach und sicher lokale Strukturen schaffen, wo der Bürger das Sagen hat. Er bestimmt, wie er seine zukünftige sichere, dezentralisierte, von der Gemeinschaft privat betriebene Stromversorgung ausgestalten möchte – eben Bottom-up anstatt Top-down, so wie die zukünftige Versorgungsstruktur des Strommarkts selbst ist.
Grosse Blackouts werden zunehmend befürchtet. Das ist in Zeiten der steigenden Cyber-Kriminalität und der totalen Abhängigkeit von einem einzigen grossen Stromteich in Europa immer wahrscheinlicher. Heute bedeutet ein Blackout kein Strom mehr im Haus, aber morgen fällt damit auch die Heizung und die gesamte Mobilität aus. Bereits nach 7 Tagen Stromausfall herrscht die totale Anarchie!
Daher genügt der rasche Umbau der erneuerbaren Produktion noch lange nicht. Die zukünftige lokale Netzinfrastruktur muss jederzeit in der Lage sein, eine lokale, autarke Selbstversorgung von Quartieren, Dörfern und Stadtteilen für eine gewisse Zeit abzusichern.
Nur mit zukünftigen Microgrid-Infrastrukturen können wir das gewährleisten. Microgrids werden auch als Inselnetze bezeichnet. Ein in sich abgeschlossenes Versorgungsnetz hält die Versorgung durch intelligente Steuerung eines in sich autarken Produktions-, Speicher- und Verbrauchsverbundes unterbrechungsfrei aufrecht. Ein Microgrid ist keine neue Technologie und weltweit existieren heute Tausende davon – aber noch kaum in unseren Breitengraden. Die Energiewende mit all ihren grossen Vorteilen wird von den meisten EWs mit ihren alten, zentralistischen Strukturen weder wirklich verstanden, befürwortet noch entsprechend vorangetrieben.
Microgrids müssen jetzt für die Haushalte und das Kleingewerbe zugebaut werden, um unsere Versorgungssicherheit und Unabhängigkeit voranzutreiben. Die Industrie und andere Grossverbraucher sind davon abzukoppeln. Sie werden zukünftig vornehmlich von Grossproduzenten und mit einer eigenen Sicherheitsinfrastruktur versorgt.
Der Staat ist mit seinen zentralistischen Strukturen für den notwendigen und dringenden Umbau der Energieversorgung der falsche Besitzer. Er muss jetzt dringend die notwendigen Rahmenbedingungen schaffen, damit die Neuerfindung der Energieversorgung für die Endkunden durch den Markt schnell genug erfolgen kann. Erst dann werden neue, sichere und günstigere Strommärkte mit dem notwendigen Tempo entwickelt.
Zusammengefasst braucht es nun eine rasche und gut durchdachte gesetzliche Liberalisierung der Endkunden, Produzenten und Verteilnetze mit ihren Mess- und Abrechnungswesen. Die Privatindustrie muss zugelassen werden, den Bau der neuen Stromwelt eigenverantwortlich und mit sinnvollen Rahmenbedingungen in die Hand zu nehmen. Genügend Anreize und effiziente Bewilligungsverfahren für einen stark beschleunigten Zubau der Erneuerbaren sind unerlässlich. Die Bottom-up-, anstatt wie heute Top-down-Versorgung, mit Microgrid-Infrastrukturen bringt die notwendige, unterbruchsfreie, effizientere und günstigere lokale Stromversorgung der Zukunft.
PEP: People. Energize. Power.
Bob (Robert) Buehler